Titel "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" verboten

by Kanzlei Thomas


LG Düsseldorf: Verlag Voland & Quist darf Titel Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ von Julius Fischer nicht weiter vertreiben (LG Düsseldorf Az. 37 O 6/14)

Der Verlag Droemer Knaur hat sich mit einem Verbotsantrag gegen den Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ durchgesetzt. Droemer Knaur, Herausgeber der Bestseller-Reihe „Die Wanderhure“, hatte im Januar vor dem Landgericht Düsseldorf beantragt, es dem von uns vertretenen Verlag Voland & Quist zu verbieten, einen satirischen Kurzgeschichtenband mit dem Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ weiter zu verkaufen. Das Landgericht Düsseldorf gab Droemer Knaur nun Recht und erließ die von Droemer Knaur beantragte Verbotsverfügung.

Droemer Knaur beruft sich auf das Titelrecht. Voland & Quist hält dagegen und sieht den „Wanderwege“-Titel – in dem Autor Julius Fischer unter anderem die aggressive Vermarktung von Bestsellern auch am Beispiel der historischen Romane des Wanderhuren-Autorenduos Iny Lorentz persifliert – als durch die Kunst- und Satirefreiheit gedeckt an.

Das Landgericht folgt im Urteil  der Argumentation von Droemer Knaur, die Kunstfreiheit rechtfertige die Nutzung des Titels nicht. Nach Auffassung des LG Düsseldorf erscheint es „nicht fernliegend, dass der Verkehr (...) den Titel wörtlich nimmt und tatsächlich davon ausgeht, er diene der Kennzeichnung eines Werks welches sich auf der Grundlage der bei der Antragstellerin (Droemer Knaur) verlegten Romane mit der Beschreibung von Wanderwegen befasse, zumal die Titelfigur der Romane als „Wanderhure“ umherzieht.“

Statement des Voland & Quist-Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Raphael Thomas

„Ich halte die Entscheidung für falsch. Die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit stellt ein hohes Gut dar. Auch wenn Gerichte nicht unbedingt dafür bekannt sind, Spaß zu verstehen, hätten wir uns in diesem Fall eine intensivere Auseinandersetzung mit der vom Bundesverfassungsgericht wiederholt betonten Bedeutung der Satirefreiheit gewünscht. Denn um Satire handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Titel Die schönsten Wanderwege der Wanderhure  ganz offensichtlich – und Satire darf nach Tucholsky: alles. Das Düsseldorfer Urteil setzt sich damit nicht auseinander: Eine Auseinandersetzung mit dem Tucholsky-Zitat „Satire darf alles“ hält das Gericht schlicht für nicht notwendig: Das Wort „Satire“ taucht im Rahmen der Grundrechtsabwägung in den Urteilsgründen der Einfachheit halber gar nicht auf. Stattdessen erkennt das Gericht, dass sich  „die Verwendung des Werktitels `Die schönsten Wanderwege der Wanderhure` auf die Verbreitung der Titel der Antragstellerin durch die von ihm hergestellte Nähe störend auswirkt“.

Dass Satire unzulässig ist, weil sie dem aufs Korn genommenen Inhalt in die Nähe kommt, ist wenig überzeugend. Nach diesem Urteil darf ein Titel den Gegenstand der Satire nicht einmal mit Samthandschuhen anfassen. Die Auffassung der Düsseldorfer Richter ist wohl eher: „Berühren verboten!“.

Auch aus Verlags- und Autorensicht dürfte die Entscheidung daher eher unerfreulich sein. Über den konkreten Fall hinaus führt sie zu einer erheblichen Unsicherheit bei der Prüfung zulässiger Buchtitel.“

Presseberichte zum Urteil:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/urteil-im-verlagsstreit-die-wanderhure-darf-nicht-mehr-wandern-12867233.html

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kulturwelt/glosse-wanderhure-102.html